Montag, 25. November 2013

Ein Blockwart und die fehlende Ethik des Neulands

Die Medienpräsenz des Tübinger Oberbürgermeisters sehen so manche als das beste Stadtmarketing für Tübingen an. Die Themenvielfalt, mit der Herr Palmer es regelmäßig schafft, die nationale Presse und die verschiedensten mehr oder weniger anspruchsvollen Talkshows zu bespielen, ist beeindruckend: japanischer Dienstwagen, Stuttgart 21, Felicia Langer, schwarz-grüne Gedankenspiele - um nur Einiges zu nennen. Die jüngste Schlagzeile im Focus lautete allerdings: User bemängeln „Blockwart-Mentalität“ - Grüner OB stellt Falschparker an den Facebook-Pranger" - Klingt nicht gerade nach positivem Stadtmarketing. Was war passiert? Herr Palmer hatte abends einen falsch parkenden Jeep entdeckt (der den Fußgängerweg für Kinderwägen und Rollstühle total blockierte), diesen fotografiert und flugs mit deutlich sichtbarem Kennzeichen auf seinem Facebook-Profil gepostet. Irgendwie kommt mir da die NSA in den Sinn. Da gibt es ein demokratisches Land, dass ohne Verdachtsmomente die ganze Welt ausspioniert. Das ist unfassbar, wird aber wenig beachtet. Wo besteht der Zusammenhang? In beiden Fällen geht es für mich um Persönlichkeitsrechte und um Datenschutz. Ich stelle mir gerade vor, wie es wäre, wenn meine Kinder aus der Schule kommen und mir erzählen, dass ihr Papa beim Falschparken fotografiert und auf Facebook veröffentlicht wurde. Unverhältnismäßig. Ähnlich muss man dies bei Presseberichten sehen, die Menschen persönlich betreffen. Früher sagte man: Morgen wickeln wir mit der Zeitung von heute den Salat ein. Mittlerweile kann man jede Schlagzeile jahrelang noch googeln. Eine ethische Nutzung des "Neulands" ist erforderlich.

Samstag, 2. November 2013

Geht's auch mal ohne Facebook?

So lautet der Titel eines Kommentars von Ulrich Janßen im Tagblatt Anzeiger. Die Frage, ob es auch ohne Tagblatt Anzeiger geht, haben ja schon viele Menschen mit ja beantwortet. Auf vielen Briefkästen kann man lesen: Keine Werbung, keine kostenlosen Anzeigeblätter. Die Frage, ob es auch ohne Journalisten wie Herrn Janßen geht, hat zumindest die jüngere Generation auch schon beantwortet. Gerade einmal sieben Minuten pro Tag lesen Menschen unter 30 noch Zeitung - nachzulesen in der ARD-ZDF-Onlinestudie. Seine Ablehnung einer städtischen Seite in Facebook begründet Herr Janßen damit, dass z.B. auf der Heidelberg-Seite nur Stadtmarketing gemacht würde. Dies ist ihm zu banal. Auf einer Tübingen-Seite müsste natürlich diskutiert werden, so richtig politisch, meint Herr Janßen. Heidelberg präsentiert sich auch durch Facebook als Stadt, die für junge Menschen und Touristen attraktiv ist. Jetzt kann man sagen, in Tübingen gibt es ohnehin schon genug junge Menschen und der Wohnraum ist knapp. Stimmt. Und wer will schon Touristen. Aufgrund des demografischen Wandels werden die jungen Menschen in absehbarer Zeit jedoch knapper werden und die Universitätsstandorte werden um die jungen Menschen buhlen müssen. Und nur belebte Innenstädte bleiben attraktiv. So banal ist Stadtmarketing also doch nicht. Ob man durch Facebook allerdings die Energiewende herbeiführen kann, weiss ich nicht. Aber dafür haben wir ja Boris Palmer.

Mittwoch, 23. Oktober 2013

Tübingen und Facebook

Oberbürgermeister Palmer ist ein eifriger Facebook-Nutzer. Er hat die Maximalzahl von 5.000 "Freunden" schon lange erreicht. Er veröffentlicht dort Kommentare zur Bundes- und Landespolitik seiner grünen Partei, aber auch seine Sicht als Oberbürgermeister auf die Tübinger Stadtpolitik. Er steht dort im intensiven Austausch mit Tübinger Bürgern, aber auch mit Nicht-Tübingern. Er beantwortet viele Kommentare und Anfragen. Im Prinzip kann man seinen Umgang mit Facebook schon als vorbildlich bezeichnen. Aber ... Was mir nicht gefällt, ist die Mischung von grüner Parteipolitik und Tübinger Kommunalpolitik. Aber es ist seine Seite und er kann so agieren. Gut wäre, wenn es eine offizielle Facebook-Seite der Stadtverwaltung gäbe. Aber dies lehnt der Tübinger Gemeinderat immer wieder ab. Eigentlich dumm, denn dadurch überlässt der Gemeinderat die Deutungshoheit in den sozialen Medien allein dem Oberbürgermeister. Interessant wird dies sicher bei der nächsten OB-Wahl.

Donnerstag, 30. Mai 2013

Tübinger Erfolge und Misserfolge

"Es wird eng auf der Viehweide" - titelt das Tagblatt über die Erfolgsgeschichte von Curevac. Überhaupt schreibt das Tagblatt nur noch positiv über den Technologiepark. Längst vergessen sind die Schlagzeilen über Defizite und "Schweinestall mit Ausblick". Und jetzt braucht man die Fläche der Bundesforschungsanstalt für Viruserkrankungen der Tiere. Wer hätte das gedacht. Manche hatten das tatsächlich gedacht.
Kürzlich habe ich mir mal das ehemalige Steinhilber-Areal zwischen Herrenberger Straße und Dürrstraße angeschaut. Ohne Worte. Skurrilität  am Rande: Herr Steinhilber vertritt die Piraten im Tübinger Gemeinderat.
Positiv passt hierzu, dass ein Tübinger Student eine Petition zur  Netzneutralität verfasst hat - und locker das Quorum erreicht hat. Aktuell haben bereits über 71.000 unterzeichnet. Auch ich. Wer noch unterzeichnen will: Petition 41906 - Wirtschaftspolitik - Verpflichtung der Internetanbieter zur Netzneutralität vom 23.04.2013

Donnerstag, 28. März 2013

Ein Abriss, der Saiben und Infrastruktur

Sicher kann man sagen - da jammert jemand auf hohem Niveau. Ausgelöst durch den Abriss des Bahnhöfles in Derendingen habe ich mir ein paar Gedanken über die Infrastruktur in Derendingen gemacht.  Durch den Abriss ist eine Alternative hinsichtlich Fussball schauen verloren gegangen und meine Kinder vermissen den ehemals dort befindlichen Center Shock Kaugummiautomaten. Eine neue Volksbank brauchen wir an der Stelle nicht wirklich. Aber dies nur am Rande. Wie sieht es denn mit der Einkaufsinfrastruktur in Derendingen aus? Vorhanden sind Bäcker, Metzger, Apotheke, Schreibwaren, ein netter Marktstand - und Aldi. Ich vermute zwar, dass das Mühlenviertel keine extreme "grüne Hölle" ist - aber ausgerechnet Aldi? Vermissen tue ich einen Edeka oder REWE und einen DM. Nahversorgung hat ja durchaus einen ökologischen Aspekt, wenn man an die vermiedenen Autofahrten denkt. Und der demographische Wandel lässt dies auch sinnvoll erscheinen. Nach der 180 Grad Wende von OB Palmer hinsichtlich des Saibens kann man die Stadtplanung nur bitten, rechtzeitig über das Thema Infrastruktur nachzudenken. Dies hat man bei der Grundschulplanung offensichtlich versäumt, denn Ludwig-Krapf-Schule und Hechinger Eck platzen aus allen Nähten. Die Schaffung eines dritten Grundschulstandortes wäre grober Unfug - sinnvoll ist allein der Ausbau der Ludwig-Krapf-Schule.

Samstag, 9. März 2013

Unvorstellbar rückständig: Bildungspläne

Da bei uns demnächst ein Schulwechsel ansteht, besuchte ich den offenen Abend eines der Tübinger Gymnasien. Dort präsentierten sich die verschiedenen Fächer in Klassenräumen - auch ein Fach namens Medienkompetenz/Informatik. Das war mir neu. Zunächst dachte ich, prima, ist das endlich auf den Lehrplan gekommen. Dann erfuhr ich Details: in der 5. Klasse gibt es 8 Doppelstunden, und in der 7, Klasse noch mal 8 Doppelstunden. Und dann noch ein paar Stündchen in der 10. Klasse. Da ich dies eigentlich nicht glauben konnte, habe ich mal ein wenig bei der "Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft" im Zwischenbericht Bildung und Forschung geschmökert. Dort bin ich auf diese Aussage gestoßen; "Der Anteil von Lehrpersonal mit tendenziell ablehnender Haltung gegenüber dem IT-Einsatz im Klassenzimmer ist in Deutschland dreimal so groß wie im europäischen Durchschnitt." Der Zwischenbericht kommt zur Erkenntnis, dass die Schule ein nachrangiger Lernort für den Erwerb Computer-bezogener Kenntnisse ist. Nur jeder dritte Schüler im Alter von sechs bis dreizehn hat schon mal einen Computer im Unterricht erlebt. Krass. Digitale Gesellschaft Bundesrepublik? Zukunft der Arbeit? Wie wird dies denn in anderen Ländern gesehen? Auf zwei interessante Beispiele bin ich gestoßen. In Estland lernen die Kinder in der Grundschule bereits programmieren. Und dann noch unsere unmittelbaren Nachbarn. Social Media Kompetenz wird künftig bereits in der Grundschule Bestandteil der Lehrpläne in Schweizer Schulen sein. Ist das Thema eigentlich auf der politischen Agenda?

Samstag, 2. März 2013

Höflich formuliert: ein Paradigmenwechsel?

Samstags liest man ja etwas intensiver Zeitung (Tagblatt). Da steht doch heute tatsächlich, dass OB Palmer die Diskussion über ein neues Stadtviertel starten möchte. Saiben in Derendingen. Dies ist nötig, weil er so erfolgreich ist und höchstpersönlich Tausende Arbeitsplätze geschaffen hat. Technologiepark und so. Und dann fehlen auch noch Gewerbeflächen. Neues Wohngebiet und neues Gewerbegebiet soll beides in der freien Landschaft entstehen, ganz ohne Nachverdichtung. Dies kann man mit Fug und Recht als Paradigmenwechsel bezeichnen - wenn man höflich sein will. Will ich aber nicht

"Wenn Tübingen den Ausweg in die freie Landschaft wählt, werden die Gemeinden um uns herum das als Rechtfertigung für die Ausweisung weiterer Baugebiete aufgreifen. Ich will deshalb entschlossen die Aktivierung der Brachflächen betreiben und den Saiben als stadtnahen Grünbereich, Frischluftschneise und wichtige Fläche zur Grundwasserneubildung erhalten.", so Palmer in seinem OB-Wahlprogramm.

Und zum Thema "Gewerbeflächen": "Eine weitere Ausdehnung der Gewerbeflächen ins Neckartal halte ich hingegen nicht mehr für sinnvoll."

„Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.“ so Adenauer. Vogel des Jahres 1988 war der Wendehals.

Kommen wir zu den Fakten. Über den Saiben diskutiert man schon seit Menschengedenken. Und dass Tübingen ein Mangel an Gewerbeflächen hat, haben auch schon andere festgestellt - die dann beschimpft wurden. Und die Erfolge, Arbeitsplätze, Technologiepark? Hierzu gibt die Fabel die Antwort: Graculus Superbus et Pavo.